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Von: Daniel Meyer
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Miasma Chronicles bietet anspruchsvolle, rundenbasierte Taktik, eine tiefgreifende Story und ein eigenes „Magie“-System, jedoch gibt es einen Wermutstropfen.
Das dystopische Setting mit mutierten Killerfröschen und einer zerstörten Welt erinnert in vielerlei Hinsicht an Mutant Year Zero: Road to Eden. Kein Zufall, denn steckt mit The Bearded Ladies hinter Miasma Chronicles doch derselbe Entwickler. Was bereits zum Spielstart zu spüren ist: die Spieleschmiede hat einiges dazu gelernt. Das Gameplay ist runder, die taktischen Elemente tiefgreifender und die Welt sieht einfach bombastisch aus.
Spieletitel: | Miasma Chronicles |
Release-Datum: | 23.05.2023 |
Genre: | Taktik, Rollenspiel |
Plattformen: | PlayStation 4, Xbox Series, PC |
Entwickler: | The Bearded Ladies |
Publisher: | 505 Games |
In Miasma Chronicles geht es um die Rettung Amerikas - oder was davon übrig ist ...
Die Story hinter Miasma Chronicles fällt ähnlich wie die von Mutant Year Zero aus, mit dem Unterschied, dass wir nicht in die Rolle mutierter Enten und Hasen schlüpfen. Stattdessen verfolgen wir die Geschichte einiger der letzten Menschen, die ihr Leben quasi als Sklaven fristen. Denn die sogenannte „First Family“ beherrscht ganz Amerika und alle Menschen dienen in Ehrfurcht in Minen, mit dem Ziel wertvolle Ressourcen abzubauen.
Wir selbst schlüpfen in die Rolle des jungen Mechanikers Elvis, der mit Roboter-Sidekick Diggs eine undurchdringbare Barriere aus Miasma zu durchdringen versucht, um dessen lange verschollene Mutter aufzuspüren. Das Miasma stellt dabei eine dunkle, partikelartige Masse da, welche nicht nur die Welt verseucht hat und für den Tod der meisten Menschen verantwortlich ist, auch kann sie von uns genutzt werden, um im Kampf unterschiedliche Fähigkeiten einzusetzen – fast wie Magie!
Einen Kritikpunkt muss sich Miasma Chronicles jedoch gefallen lassen: das maue Charakterdesign. Die Figuren des Spiels kommen in der Regel ohne großen Tiefgang und sehr klischeeüberzogen daher. Elvis besticht mit geringem intellektuellem Tiefgang und wirkt fast schon hinterwäldlerisch, was es sichtbar erschwert, uns mit dieser Dramatis Persona zu identifizieren. Dass er zudem ständig mit Wutausbrüchen, weinerlichen Einlagen und einer naiven Grundhaltung daherkommt, hilft wenig.
Aber auch der Großteil der weiteren Charaktere von Miasma Chronicles, wovon sich im Laufe des Spiels noch drei weitere unserem Trupp hinzugesellen, können das Ruder nicht herumreißen. Diggs kommt beispielsweise als Bot mit einer afro-amerikanische Ghetto-Persönlichkeit daher und versucht oft schlecht als recht mit flapsigen Pseudo-coolen Sprüchen zu bestechen. Zudem ist es schade, dass sich manche Charaktere erst so spät zum Spiel hinzugesellen, dass diese spielerisch kaum noch Verwendung finde.
Miasma Chronicles Kampfsystem: Zwischen Stealth und anspruchsvoll Scharmützeln
Viel Zeit in Miasma Chronicles verbringen wir damit, die Welt zu erkunden, mit NPCs zu sprechen und die wunderschöne Optik der Welt zu bestaunen. Aber mindestens genau so viel Zeit dürfen wir mit dem Kampfsystem verbringen, welches wunderbar fordernd ist – vielleicht sogar eine Spur zu anspruchsvoll. Denn gerade Einsteiger sollten sich hier nicht übernehmen.
Als XCOM-Fans haben wir den Schwierigkeitsgrad schon nach kurzer Zeit auf den zweiten von vier möglichen Graden herunterschrauben müssen. Das Resultat: Selbst hier haben wir noch regelmäßig ins Gras beißen müssen. Etwas Abhilfe schafft das Stealth-System des Spiels. Bevor wir den Kampf initiieren – entweder durch eigenes Feuer oder weil wir entdeckt wurden – können wir uns schleichend in Position bringen.
Während wir uns im Stealth befinden, können wir unseren drei-köpfigen Trupp nicht nur günstig positionieren, auch ist es mit schallgedämpften Waffen möglich, einige der schwächeren Gegner im Vorfeld aus dem Spiel zu nehmen. Dies ist allerdings eher eine Notwendigkeit als eine Taktik, denn alle Kämpfe haben eine Gemeinsamkeit: immer bekommen wir es mit einer regelrechten Übermacht zu tun.
In rundenbasierter Manier können wir Gegner mit unterschiedlichen Waffen unter Beschuss nehmen. Fähigkeiten bringen zusätzliche Würze und Abwechslung ins Spiel, die es uns unter anderem gestatten, Rüstungspunkte zu entfernen, Gegner in Brand zu stecken oder diese einfach bewusstlos zu hauen. Im späteren Verlauf können noch mächtigere Fähigkeiten, wie ein Automatikgeschütz freigeschaltet werden. Der positive Nebeneffekt: Durch diese zusätzlichen Optionen wird das Spiel insgesamt besser bewältigbar.
Die Miasma-Fähigkeiten gesellen sich in einer weiteren ganz eigenen Kategorie dem Spielgeschehen hinzu. Zwar benötigen diese als Ressource sogenannte Kilowatt-Einheiten, die entweder durch Items oder spätere Fähigkeiten aufgeladen werden können. Die Vorteile der Miasma-Fähigkeiten sind jedoch immens. Damit lassen sich bspw. verbündete Einheiten beschwören, explodierende Fässer herstellen, Einheiten teleportieren oder andere Angriffe wie Kettenblitze ausführen, die einige Gegner sogar betäuben können.
Etwas ernüchternd fällt jedoch das Deckungssystem des Spiels aus. Insgesamt brilliert Miasma Chronicles weniger durch strategische Feuerunterstützung oder Gebietskontrolle. Stattdessen schwärmen Gegner über die Map und wir sind gezwungen, uns stetig neu zu formieren, um nicht das Zeitliche zu segnen. Besonders frustrierend sind Höhenunterschiede. Haben wir einen Scharfschützen auf einem Dach platziert, so profitiert dieser zwar von einer besseren Genauigkeit, doch hinsichtlich der Verteidigung gibt es keine Boni.
Erkundung: Belohnendes Feature oder nervige Fleißarbeit?
Um in Miasma Chronicles zu überleben, müssen wir alle Register ziehen. Insbesondere der Einsatz von Items ist hier essentiell. Verbündete wiederbeleben, Energie für Miasma-Fähigkeiten regenerieren oder einfach Feinde mit Granaten und Brandbomben einzudecken – das alles wird teuer. Jedes Items kann in den liebevoll designten Städten des Spiels mit der Währung Plastik gekauft werden. Doch Plastik ist eine Mangelware, sodass wir gezwungen sind, jeden Winkel der Welt zu erkunden.
Nicht nur Plastik, auch Sammelobjekte, die Erfahrungspunkte bringen, versteckte nutzbare Items, sowie Waffen und Kostüme, sind in der gesamten Welt versteckt und warten darauf, von uns aufgelesen zu werden. Auf der einen Seite lohnt es sich daher durchaus, alle Winkel der Welt zu durchsuchen, doch wenn dies fast schon eine Prämisse für den Sieg wird, ist das weniger optionaler Spaß als verdrießliche Arbeit.
Dank der optisch eindrucksvollen und wunderschön inszenierten Welt, ist das Erkunden eines jeden Winkels jedoch nur halb so schlimm. Was wir uns jedoch zum Release von Miasma Chronicles gewünscht hätten, wäre eine deutlich bugfreiere Version. Sporadische Abstürze, das Aufhängen von Dialogen während Sequenzen, dauerhaft asynchrone Soundeffekte und selbst simplere Probleme, wie nicht korrekt angezeigte Waffenaufsätze beim Betrachten von Waffen im Ausrüstungsmenü, sorgen immer wieder für Frustration.
Fazit
Miasma Chronicles überzeugt in vielen Bereichen und ist insbesondere optisch eine Wucht. Auch zeigt der Entwickler eindrucksvoll, wie anspruchsvolle rundenbasierte Kämpfe ablaufen können. Der Kern des Spiels kann durchaus überzeugen, insbesondere dank der abwechslungsreichen Anzahl an Fähigkeiten, die uns zur Seite gestellt werden.
Gehen wir jedoch ins Detail, zeigt sich, dass gerade an den Ecken und Kanten noch deutlich Luft nach oben ist. Dies betrifft das teils hektische Geschehen auf dem Schlachtfeld, geht über den Mangel an Möglichkeiten, Gebiete wirklich zu kontrollieren und reicht hin zum stereotypischen Charakterdesign. Schlussendlich entpuppt sich Miasma Chronicles trotz allen Widrigkeiten als kleine Überraschung und lässt sich vor allem Genre-Fans empfehlen, auch Dank des hohen Schwierigkeitsgrads. Wer Mutant Year Zero gemocht hat, wird mit Miasma Chronicles garantiert auf seine Kosten kommen.
Pro: | Kontra: |
Imposante optische Inszenierung | Abstürze und akute andere Probleme |
Story mit unerwarteten Wendungen | Manche Storyelemente nur wenig plausibel |
Zahlreiche spannende Fähigkeiten | Charakterdesign klischeeüberzogen |
Viele taktische Möglichkeiten in den Kämpfen ... | ... die meist hektisch und ohne Gebietskontrolle ausfallen |
Stellenweise verdammt hart ... | .... Stellenweise verdammt hart |